Gastspiel Junges Schauspiel Düsseldorf – Time to Shine
Zeit zu glänzen?
1. Mai 2024. In einer Gameshow treten acht Kandidat:innen gegeneinander an. Wer wird gewinnen? Diese Frage ist in "Time to Shine" von Takao Baba und dem Ensemble gar nicht entscheidend. Denn der Wettbewerb ist unterwandert…
Von Elena Philipp
Was wird sich in deinem Leben verändern, wenn du hier gewinnst? Jede Kandidatin, jeder Kandidat der Gameshow "Time to Shine" wird das vom Moderations-Duo gefragt. Jeremy (Jonathan Gyles) würde das erste TikTok-Video auf dem Mond drehen. Cat2 (Elisa Berrod) wünscht sich die Pässe aller Länder, um frei reisen zu können. Sana (Sarena Bockers) möchte, dass alle toxischen Menschen erleuchtet werden. Und Ty-Ming (Bounracksa Phomkoumphon) träumt von einer hungerfreien Welt – "all you can eat für alle!". Mit Siegesgewissheit aufgepumpt springen die Kandidat:innen auf die Bühne, wenn sie von Lou (Yulia Yáñez Schmidt) und Law (Rafael¬-Evitan Grombelka) dazu aufgefordert werden. Der Jingle dröhnt aus den Boxen im Alten Saal des Heidelberger Theaters, die Lichter schwenken bunt über die vorwiegend jungen Besucher:innen. Dieses TV-Format kennt man. Let’s go!
Doch halt: Worum geht es hier eigentlich? Um Selbstoptimierung, um Weltverbesserung? Oder gar um: schamlose Produktplatzierung? Lou und Law wirken sympathisch, sind aber offenbar gekauft – von Beginn an loben sie Lee Industries: "LEE-Learning, LEE-Stressless, LEE-Life-Quality", schmettert Yulia Yáñez Schmidt, während Rafael¬-Evitan Grombelka die Gebärde für "Shine" riesig groß zieht. Die Kandidat:innen, die in Tanzbattles gegeneinander antreten oder für Quizformate Teams bilden, müssen Likes sammeln. Im Publikum gibt es Bewegung und Shout-outs für einzelne Kandidat:innen, es wird mitgefiebert, aber zu melden haben die Besucher:innen nichts. Wie die Kandidat:innen abgeschnitten haben, berechnet angeblich ein Computer, und das Ergebnis wird sofort in einer Tabelle über der Spielfläche projiziert.
Ein Game, bei dem niemand ausscheidet?
Stress! Ist das Life Quality? Das hinterfragt hier niemand wirklich, nicht die Teilnehmenden, aber auch nicht die Regie oder Dramaturgie – wer in Gameshows antritt, hat ja gelegentlich den Gewinn monetär nötig oder ist auf die Aufmerksamkeit angewiesen, die wiederum Jobs generiert. Vielsagend, dass die Moderator:innen weiß sind, insbesondere die männlich gelesenen Kandidat:innen aber PoC sind?
Jedenfalls ist von vornherein schon alles klar in diesem knallig aufgepimpten vermeintlichen Wettbewerb, in dem konzeptionell Vibes der "Tribute von Panem" und von "Squid Game" mitschwingen, aber niemand ausscheidet. Promotet wird die neue KI von Lee Industries, deren Gründer Mr. Lee (Eduard Lind) mit moderiert und (erstaunlich versiert!) tanzt. LEE-Life-Quality macht das Leben effizienter, verkünden die Moderator:innen, denn die App kann berechnen, wie lang jemand noch lebt. Das ist der Kern der Show und nicht der Wunsch von 500 (Dodzi Dougban), der, als einziger Tauber Tänzer der Produktion, gemeinsam mit Rafael-Evitan Grombelka seinen Traum einer Insel, auf der nur Taube Menschen leben dürfen, vortanzt. Digital wird die Flagge dieser Community gehisst, für Zuschauer:innen, die Gebärdensprache nicht beherrschen, bleibt die Utopie unverständlich – ein schöner Regiekniff von Takao Baba, der die für taube Theaterbesucher:innen alltägliche Situation des Nichtverstehens umkehrt.
Als die Zeit abgelaufen ist, passiert …
Insgesamt aber will die Inszenierung etwas viel auf einmal. Empowerment und Sichtbarkeit sollen eine Rolle spielen, wenn Mitglieder von Tanzcommunities, darunter der Krumper Solomon Quaynoo oder der B-Boy Dodzi Dougban, auftreten. Lou verrät, dass Lee Industries online Daten saugt, um die Künstliche Intelligenz zu trainieren – ein absolut wichtiger, aber recht unvermittelter didaktischer Einwand gegen das WWW. Und dann gibt es noch "Hero", den neunten Teilnehmer der Show, der nie auftritt. Bis zum Schluss, als die KI den Kandidat:innen ihre verbleibende Lebenszeit errechnet und für Cat2 den Tod noch während der Gameshow verkündet. Verzweifelt performt Elisa Berrod ein fünfminütiges Abschiedssolo. Als ihre Zeit abgelaufen ist, der Timer auf 00:00 steht, passiert – nichts.
Stattdessen wird ein Video von Zinenuba Fayiri aka Hero eingeblendet. Auf der Inszenierungsebene könnte er an ihrer statt in den Tod gegangen sein. Im realen Leben war der Krump-Tänzer ein Freund von Choreograf und Regisseur Takao Baba und hätte fast zum Cast von "Time to Shine" gehört. Während der Vorbereitungszeit der Produktion ist Zinenuba Fayiri gestorben. Ihm ist die Show gewidmet – eine schöne Geste, die aber im Durcheinander des Schlusses verpufft.
Von Takao Baba und Ensemble
Regie und Choreografie: Takao Baba, Bühne: Martina Lebert, Musik und Video: Riccardo Castagnola, Kostüme: Martina Lebert, Alyssa Töller, Licht: Christian Schmidt , Dramaturgie: Kirstin Hess, Übersetzung der Moderation in DGS: Rafael-¬Evitan Grombelka, Aesthetics of Access: Ben Glover, Theaterpädagogik: Lena Hilberger, Ilka Zänger, Produktionsberatung: Access Maker by Un¬Label.
Mit: Elisa Berrod, Sarena Bockers, Dodzi Dougban, Rafael¬-Evitan Grombelka, Jonathan Gyles, Natalie Hanslik, Eduard Lind, Bounracksa Phomkoumphon, Solomon Quaynoo, Yulia Yáñez Schmidt, Valentin Schwerdfeger. Im Video: Hero aka Zinenuba Fayiri.
Uraufführung am 10. September 2023
Dauer: 1 Stunde 15 Minuten, keine Pause
https://www.dhaus.de/
Programm
Zwinger 1
Theater und Orchester Heidelberg
Blaupause
Regie: Hannah Frauenrath
Zwinger 3
Deutschsprachiger Autor:innenwettbewerb I
13:30 Uhr
Die ersten hundert Tage von Lars Werner
14:30 Uhr
Brennendes Haus von Anaïs Clerc
16:00 Uhr
2x241 Titel doppelt so gut wie Martin Kippenberger von Frankfurter Hauptschule
Zwinger 1
Gastspiel Lichthoftheater Hamburg
JUDEN JUDEN JUDEN
von und mit Hamburger Jüd*innen und Texten von Simoné Goldschmidt-Lechner
Regie: Ron Zimmering und Dror Aloni
Uraufführung
Marguerre-Saal
Gastspiel Düsseldorfer Schauspielhaus
My Private Jesus
von Lea Ruckpaul
nach einer Idee von Eike Weinreich
Regie: Bernadette Sonnenbichler
Uraufführung
Alter Saal
Stückemarktparty
präsentiert von Zwinger x
Rahmenprogramm
Eintritt frei
Zwinger 3 und online
Deutschsprachiger Autor:innenwettbewerb Teil II
13:30 Uhr
Ghostbike von Julie Gurgonis
14:30 Uhr
DRUCK! von Arad Dabiri
16:00 Uhr
Kind aus Seide von Leonie Ziem
Gastspiel Theaterhaus Jena
Die Hundekotatacke
von Walter Bart, Hannah Baumann, Pina Bergemann, Nikita Buldyrski, Henrike Commichau, Linde Dercon, Leon Pfanenmüller, Anna K. Seidel / Wunderbaum
Regie: Walter Bart
Uraufführung
Alter Saal
Gastspiel Schauspielhaus Wien
Die vielen Stimmen meines Bruders
Es Stück für an- und abwesende Körper
von Magdalena Schrefel mit Valentin Schuster
Regie: Marie Bues und Anouschka Trocker
Uraufführung
Zwinger 3
Gastspiel Theater Bielefeld
else (someone)
von Carina Sophie Eberle
Regie: Nadja Loschky
Zwinger 1
Theater und Orchester Heidelberg
Blaupause
Regie: Hannah Frauenrath
Alter Saal
Gastspiel Junges Schauspiel – Düsseldorfer Schauspielhaus
Time to Shine
Tanz und Theaterspektakel von Takao Baba + Ensemble
Inszenierung für schwerhörige und taube Menschen
Marguerre-Saal
Gastspiel Schauspiel Stuttgart
forecast:oedipus
von Thomas Köck
Regie: Stefan Pucher
Uraufführung
Zwinger 3
Gastspiel Expanded Theater | Hochschule der Künste, Bern
FRONTSTAGE
Männlichkeit zwischen Spiel und Krieg
von und mit Polina Solotowizki, Bogdan Kapon und Ivan Borisov
Regie: Polina Solotowizki
Uraufführung
Alter Saal
Gastspiel Flinn Works (Berlin) & Asedeva (Dar es Salam)
von Ultimate Safai
Regie: Ultimate Safari
Deutsch / Englisch / Kisuaheli
Uraufführung
Alter Saal
Gastspiel Flinn Works (Berlin) & Asedeva (Dar es Salam)
von Ultimate Safai
Regie: Ultimate Safari
Deutsch / Englisch / Kisuaheli
Uraufführung
Zwinger 1
Gastspiel Theater Konstanz
Tragödienbastard
von Ewe Benbenek
Regie: Emel Aydoğdu
Marguerre-Saal
Gastspiel Schauspiel Hannover
Fremd
von Michel Friedmann
Regie: Stefan Kimming
Uraufführung
Zwinger 3
Theater und Orchester Heidelberg
Das Märchen von der kleinen Meerjungfrau 10+
sehr frei nach Hans-Christian Andersen von Roland Schimmelpfennig
Regie: Marcel Kohler
Mülheimer Kinderstückepreis 2023
Alter Saal
Gastspiel Theater Lübeck
BOMB
von Maya Arad Yasur
Regie: Sapir Heller
Zwinger 3
Gastspiel Turbo Pascal, Berlin
Common Things
von Angela Löer, Eva Plischke und Frank Oberhäußer
Regie: Angela Löer, Eva Plischke und Frank Oberhäußer
Uraufführung
Zwinger 1
Gastspiel Schauburg München
Erik*a 15+
mit Texten von Theresa Seraphin
Regie: Daniel Pfluger und Lukas März
Alter Saal
Gastspiel Landestheater Linz
Fischer Fritz
Regie: David Bösch
Marguerre- Saal
Gastspiel Schaubühne Berlin
In Memory of Doris Bither
von Yana Thönnes
Regie: Yana Thönnes
Uraufführung
Alter Saal
Stückemarktparty
mit Musik aus dem Gastland Georgien
Eintritt frei
Sprechzimmer
Gastspiel Laboratory of Perfoming Arts, Tblissi
Zwilinge
von Giorgi Maisuradze
Regie: Giorgi Maisuradze
Gergisch mit deutschen Übertiteln
Zwinger 3
Eröffnung Gastland-Programm Georgien
Zwinger 3
Internationaler Autor:innenwettbewerb
13:30 Uhr Der weiße Hund von Davit Khorbaladze
14:30 Uhr Terzett von Marita Liparteliani
16:00 Uhr Wer klopft von Alex Chigvinadze
Dezernat #16
Gastspiel Open Space, Tblissi
Greenhouse
von Gvantsa Enukidze, Tamara Chumashvili und Masho Makshvili
Georgisch mit deutschen Untertiteln
Alter Saal
Gastspiel Royal District Theatre, Tblissi
Medea s01e06
von Paata Tsikola
Regie: Paata Tsikola
Georgisch mit deutschen Übertiteln
Sprechzimmer
Theater in Georgien
u.a mit Gastland Kurator Davit Gabunia
Podiumsgespräch
Eintritt frei
Dezernat #16
Gastspiel Open Space, Tblissi
Greenhouse
von Gvantsa Enukidze, Tamara Chumashvili, Masho Makshvili und Elene Matskhonashvili
Georgisch mit deutschen Untertiteln
Zwinger 1
Gastspiel Georgian Regional Theatre Networks
Niko Nikoladze - Sergo Parajanov
von Elene Matskhonashvili, Tengiz Khukhia und Levan Khetaguri
Regie: Elene Matskhonashvili
Georgisch nmit deutschen Übertriteln
Marguerre-Saal
Gastspiel Deutsches Schauspielhaus Hamburg
Antropolis II: Laios
von Roland Schimmelpfennig
Regie: Karin Beier
Uraufführung
Alter Saal
Preisverleihung
Eintritt frei
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